Kira Muratova Retrospektive: Langer Abschied (1971)

In Situ Art Society präsentiert

KIRA MURATOVA FILMRETROSPEKTIVE
Bonn, 11.09.-15.11.2018

Am 6. Juni 2018 verstarb im Alter von 83 Jahren die ukrainische Regisseurin Kira Muratova, die eine wesentliche Rolle in der sowjetischen (sowie der postsowjetischen, ukrainischen und russischen) Kultur spielt. Aus diesem Anlass veranstaltet der Bonner Kunstförderverein In Situ Art Society in Zusammenarbeit mit der Bonner Kinemathek, dem Dialograum Kreuzung an St. Helena und dem ukrainischen Filmarchiv Oleksandr Dovzhenko National Centre eine Filmretrospektive in Bonn:
www.facebook.com/events/939374442932404

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Donnerstag, 4.10.2018, 19:00 | Dialograum Kreuzung an St. Helena

"LANGER ABSCHIED" (Sowjetunion 1971, 93 Min.)

Regie: Kira Muratova. Drehbuch: Natal’ja Rjazantseva. Kamera: Gennadij Karjuk. Schnitt: Valentina Olejnik. Production design: E. Rodriges. Ton: Igor’ Skinder. Musik: Oleg Karavaj?uk. Redaktion: L. Donets. Produktion: Kinostudio Odessa. DarstellerInnen: Zinaida Šarko, Oleg Vladimirskij, Jurij Kajurov, Svetlana Kabanova, Lidija Bazil’skaja, Tat’jana My?ko u. a.

Portrait einer Mutter-Sohn-Beziehung. Das Verhältnis zwischen dem pubertierenden Saša und seiner allein erziehenden Mutter Evgenija ist angespannt. Evgenija entlässt Saša nicht aus seiner Kinderrolle und gleichzeitig sich selbst nicht aus ihrer Rolle als Mutter. Einen Verehrer lässt sie nach anfänglichem Kokettieren abblitzen. Saša mit seinem Flaumbart und der leicht ungepflegten Erscheinung verkörpert den Halbwüchsigen perfekt. Auch sein Verhalten ist widersprüchlich und wechselt zwischen kindischer Bockigkeit und machohafter Coolness. Der Konflikt spitzt sich zu, als Evgenija erfährt, dass Saša zu seinem Vater in eine ferne Stadt ziehen möchte. Von Verzweiflung gepackt, spioniert sie Saša hinterher. Saša ist zwischen seinen Eltern hin und her gerissen, entscheidet sich dann aber für den Vater. In der Schlussszene erkennt Saša die Zerbrechlichkeit seiner Mutter und sagt ihr, dass er doch bei ihr bleibe. Evgenija nimmt ihre Perücke, die sie für den Abend aufgesetzt hat, wie eine Maske ab, und wir erleben den ersten Moment gegenseitiger Offenheit der beiden Figuren.

Der präzise psychologische Realismus auf Figurenebene wird immer wieder durchbrochen durch einen ausgeprägten Formalismus in Bildkadragen und Montage. "Langer Abschied" ist der erste Film Muratovas, in dem sie mit einer collagenhaften Montage arbeitet. Kurze Einstellungen werden mehrmals repetitiv aneinander montiert. Ton- und Bildebene werden zuweilen getrennt. Atmos und Geräusche fehlen an vielen Stellen im Film, womit der Realismuscharakter der Filmbilder abgeschwächt wird.

(Filmbeschreibung aus: Isa Willinger, "Kira Muratova: Kino und Subversion", Herbert von Halem Verlag, 2013)

Der Film wird in russischer Originalfassung mit englischen Untertitel gezeigt.

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