Freude Am Tanzen Labelnacht

Nach inzwischen einem Vierteljahrhundert, das von musikalisch von nichts anderem so stark geprägt wurde wie vom Vier-Viertel-Takt, ist in den vergangenen Jahren endlich gewürdigt worden, welche enorme Bedeutung Mauerfall und Wiedervereinigung für die Explosion von elektronischer Musik in Deutschland in den Neunzigern darstellte. Techno lieferte war der Soundtrack zu dem der eiserne Vorhang hinweggefegt wurde, entstandene neue Freiräume wurden mit Soundsytemen und Beats gefüllt. Die verschiedenen Communities in diversen Städten der BRD begannen weiter an ihren Visionen vom elektronischen Sound zu basteln. Die Bedeutung der Metropolen Frankfurt, Berlin und Düsseldorf ist in diesem Zusammenhang unbestritten. Spätestens jedoch ab dem ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends kann man nicht mehr glaubwürdig von einflussreichen Regionen auf der bundesdeutschen Techno-Landkarte sprechen ohne dabei auch Jena zu nennen. Dass die vergleichsweise überschaubare thüringische Universitätsstadt, die mit ihren knapp über hunderttausend Einwohnern kleiner als Offenbach ist, den elektronischen Sound so massiv prägte und Techno in der BRD mit solchem Nachdruck seinen Stempel aufdrückte, geht eindeutig auf das Label Freude am Tanzen zurück. Nur wenige Imprints, aber eben die wenigen wirklich wichtigen, haben eine solche Menge an hervorragenden Künstlern hervorgebracht und mit ihrem ganz eigenen Style, Auftritt und Sound der Bewegung eine neue Richtung gegeben. Einzeln waren über die Jahre schon die meisten Freude-Am-Tanzen-Artist bei uns zu Gast. In diesem Jahr wird das Label volljährig. Höchste Zeit, der FAT-Familie mal das komplette Milchsackgelände als musikalische Spielwiese zu überlassen. Eine Nacht im Zeichen von Freude am Tanzen!

Freude am Tanzhaus:

Mathias Kaden ist definitiv einer der wesentlichen Protagonisten, die man direkt mit Freude am Tanzen assoziiert und ganz nebenbei zweifellos einer der wichtigsten deutschen DJs dieses Jahrtausends. Es ist nicht immer einfach authentisch zu bleiben, wenn man an der Spitze steht, Kaden ist jedoch eines der vielen positiven Beispiele, dass es keinesfalls unmöglich ist. Neben den großen Openings auf Ibiza und Festivalauftritten weltweit, pflegt Mathias seine Residencies und Freundschaften in der thüringischen Heimat. Kaden ist vielseitig, ohne je beliebig zu werden. Während er in seiner Frühphase als Produktionspartner von Marek Hemmann und mit seinen Solo-Veröffentlichungen auf Vakant als einer der einflussreichen Vertreter des Minimalismus wahrgenommen wurde, offenbarte er nicht nur mit seinen Sets, sonder auch mit seinem ersten Long-Player "Studio 10" wieviel mehr noch musikalisch in ihm steckt. Sein, vergangenes Jahr, auf Freude am Tanzen erschienenes Album "Energetic" spiegelt seinen derzeitigen Fokus auf House wieder und strotzt nur so von Wärme, Groove, Funkyness und raffinierten Ideen. Mit dem genialen "Soulmakers", gesungen von Zoe Xenia knüpfte er direkt an Abe Duques Klassiker "What happend?" an und transportiert seine Variante der Fragestellung nach dem Ist-Zustand der Szene in die Gegenwart. Livesets sind in den vergangenen Jahren bei Kaden ein immer größeres Thema geworden. In diesem Zusammenhang sei auch sein spannendes Live-Projekt Karocel erwähnt, dass aus einen spontanen Jam entstanden war und sich zu einer veritablen House-Band entwickelt hat. Mit "Plainted" hat Karocel ein exzellentes Album veröffentlicht, voller kleiner Ausflüge in Richtung Soul und Jazz. Vielseitigkeit ist eine Beschreibung die ebenfalls perfekt auf Douglas Greed passt, wenngleich er sich doch merklich wohl damit fühlt, etwas "unter dem Radar zu fliegen" (Slices Feature). In Frankfurt, wo er öfter in den unterschiedlichsten Venues gespielt hat, haben wir Greeds wirken allerdings bestens auf dem Schirm. Auch Douglas‘ aka Mario hatte in den vergangenen Jahren seinen Live-Performance ausgebaut und war zuletzt mit Perkussionist und Sänger als Douglas Greed feat. Nagler & Kuss bei uns am Start. Der Produktionsprozess seiner Tracks ist zwar stark geprägt von der schematischen Herangehensweise die ihn als Grafikdesigner geprägt hat, doch auch wenn die Form stets der Funktion zu folgen hat, stecken seine Sets darüber hinaus noch voller Herz und Gefühl.

Dora am Tanzen:

Verrückt. Obwohl es inzwischen schon so viele Jahre her ist, denken wir immer noch mit einer Prise Wehmut an den Split der Wighnomy Brothers zurück. Und eines muss man wirklich sagen: sie haben mit ihrem eigensinnigen und abgefahrenen Produktionen wirklich stark und nachhaltig die Wahrnehmung des Labels Freude am Tanzen mitgeprägt. Egal, Geschichte! Don‘t look back! Aus eins wurde eben zwei und mit Monkey Maffia aka Sören Bodner steht in der Dora die eine Hälfte des legendären Duos an den Decks, die als DJ mit allen Wildwassern gewaschen ist. Sören, "Gentleman im Bärenkostüm", ist Mitbetreiber des an das Label angeschlossenen Fatplasics Plattenladens und vinylsüchtig im fortgeschrittenen Stadium. Die Sets, die wir bisher von ihm gehört haben, waren gespickt von überraschenden Volten und haben uns so manches Mal erstaunt, inspiriert und zu weit aufgerissenen Augen und Mündern gebracht. Reisen außerhalb der Komfortzone mit ungewissen Ziel und Ausgang. Expect the unexpected. Auch Metaboman hat man viele Jahre als Teil des Krause Duos meist im Doppelpack wahrgenommen. Auf ihn geht unter anderem auch die Gründung des Sublabels Musik Krause zurück, dass man wahlweise als "coole kleine Schwester" oder "kleinen, verzottelten Bruder von Freude am Tanzen" (Friedemann Dupelius, Debug) bezeichnen kann. Neben der exzellenten Auswahl an unkonventionellen Sounds für Musik Krause, hat Wendelin aka Metaboman sich mit seinem 2013 eben dort veröffentlichten Album "Ja/Noe" auch als Solo-Artist profiliert. Mit ihrem rauen und unangepassten Sound passen Monkey Maffia und Metaboman geradezu perfekt in das Beuteschema unserer Dora.