Tragikomödie "Inklusionsgefahr" 4.0

Manna Moradi ist anders als die anderen: sie ist gebürtig persisch, vom Verhalten eher bubenhaft aber eine Frau mit 80E, Schauspielerin, Moslem und... ach ja, Borderlinerin. Sie hat es nicht leicht, doch fragte man sie nach ihrer Lebensphilosophie, sie würde sagen: Die Welt verschönern. Blumen säen. Das triste Pflastergrau durchbrechen. Denn Normalität ist nur ein menschgemachtes Konstrukt - wankelmütig, ohne stabiles Fundament, jederzeit dem Einsturz nahe. Normal ist immer das, was der Masse gerade in den Kram passt. Gemeinsam mit ihrem nerdigen Mitbewohner EDD durchlebt die quirlige Manna die alltäglichen Hochs und Tiefs eines Borderliners. Und dabei helfen sie sich gegenseitig, ihr Leben ein Stückchen besser zu machen. Voneinander lernen statt einander bekämpfen. Sehen und Begreifen statt Ignorieren und Pauschalisieren. Inklusiv statt exklusiv. Und dann ist da noch Micki, Mannas alter Kollege, mittlerweile als Vertriebsleiter und Businessschnösel unterwegs. Nur ein paar Tage ihr Gast, bringt Micki ihr Leben noch weiter durcheinander und trifft Manna da, wo sie am meisten getroffen ist - in ihrem scheinbar unerreichbarem Ideal nach der Normalität des Nicht-Normalen. In ihrer aktuellen Produktion widmet sich die Bochumer Theatermacherin Sahar Raie den wichtigen politischen Fragen unserer Zeit. Ihre auf den ersten
Blick naiv anmutende Hauptfigur, die erfolglose Schauspielerin Manna, ist dabei stark angelehnt an Raies eigene Biografie, wird jedoch niemals sentimental-biografisch verklärt. Selbstkritisch wird Manna unter die Lupe genommen: "Sie ist kein Mensch, der kindlich-naiv mit einem Fingerschnips die Welt retten will. Vielmehr ist sie eine gebeutelte Person mit Ecken und Kanten, die trotz all ihrer Sorgen weiter macht. Manna ist überzeugt, dass man im Kleinen Großes bewirken kann und das lebt sie auch", so die Regisseurin. "Inklusionsgefahr" ist ein Stück, das nicht nur unterhalten will. Unter der lustigen Oberfläche lauern zahlreiche kleine Dolche. Und jeder sticht. Manna und EDD, die beiden Außenseiter, Kämpfer in einem beinahe aussichtslosen Kampf. Und Micki, der Normalo, Sinnbild der Masse, die blind hinterher läuft, unreflektierend, ohne zu Fragen, weil es einfacher ist zu hassen, als zu lieben und verstehen, weil es einfacher ist auszustoßen als mitzunehmen. "Manna ist eine starke Person und sie kämpft für ihre Ideale. Doch da gibt es diese Stimme in ihrem Kopf, ihr PTBS, ihr Borderline, ihr kleines persönliches Monster, das sie lähmen will", erklärt Raie die Problematik ihrer Figur. Wird es Manna trotzdem gelingen, Micki die Schönheit der Blumen am Wegesrand zu zeigen?